Im Dickicht der Kunstwelt

Schöne Kunstwelt des Aufbewahrens

Museen sind in den Medien allgegenwärtig, denn eröffnet wird täglich irgendwo irgendwas. Das Kulturhauptstadtjahr hat viel ansammeln lassen oder verschoben, zusammengestellt und neu gestaffelt, von Medienkunst über Fotografie und all dem Rest der schönen Kunstwelt, ohne die wir nicht wüssten, was Erbauung ist. Da der fleißige Künstler unentwegt produziert, fragt man sich, wohin mit all den Werken. Eines Tages werden wir von künstlerischen Hinterlassenschaften erdrückt. Jedes zweite Haus ist ein Museum. Dazu kommen all die privaten Schätze, die in Kellern, Kisten, auf Dachböden und in Garagen von der Vergangenheit erzählen.

Zeigen als Lebensbestätigung

Das Kunstwerk will gezeigt werden und es sucht nach Räumen, wo es bestaunt werden kann, in Frage gestellt wird oder Verachtung hervorruft. Ohne Raum existiert das Werk nicht, auch nicht ohne den Markt, es sei denn, man kreiert das Flüchtige, zeigt es kurz einem kleinen Kreis von Entzückten und vernichtet es dann. So wie beim Theater oder Tanz. Es kommt daher und fliegt vorbei. Wie viele Menschen es gibt, die sich künstlerisch betätigen, wurde nie gezählt. Wie viele davon begnügen sich mit Recht mit Vernissagen bei der örtlichen Volksbank oder dem Foyer der VHS. Das Kunstwerk wird erst zu einem solchen, wenn es sich in einem dafür vorgesehenen Raum befindet, also – in der Regel – in einem Museum oder einer großen Galerie. In den jeweiligen Kellern stauen sich Exponate, die dort verbleiben. Für die Nachwelt? Bis zu dem Zeitpunkt der Fertigstellung eines weiteren Museumsbaus?

Lager sind Unorte

Die wunderbaren ehemaligen Gewölbekeller des Dortmunder „U“s zum Beispiel sollen als Lager dienen. Das ist Wahnsinn! Dieses Gemäuer wird somit der Öffentlichkeit entzogen, ist es doch eins, wo Ambiente und Kunst sich ausgezeichnet verbunden hätten. Man sollte private Paten gewinnen, die überflüssige Werke in ihren Räumen der Öffentlichkeit zum angucken erhalten. All die Bilder, die „zunächst gelagert werden“, wären somit einem liebevollen Paten zur Seite gehängt.

Medienkunst auf dem Stick

Es gibt Diskussionen zur Archivierung von Medienkunst. Die Frage, was das genau alles ist, bleibt ungeklärt. Installationen, interaktive Gebilde, Videos etc. – teilweise mit aktuellem Bezug am Tag der Herstellung, nehmen Raum ein und zeigen gleichzeitig die technische Entwicklung. Warum muss man sie alle aufbewahren wollen? Es reicht doch manchmal ein Stick. Vielleicht wird eine der Shrinking Cities im Ruhrgebiet als zukünftiger Standort für Medienkunst ausgerufen. Stück für Stück ersetzen die Werke die Menschen. Am Ende begeht oder befährt man eine Kommune, die komplett medial daherkommt. Kunst im öffentlichen Raum dominiert den gesamten öffentlichen Raum.

Virtuelle Museen

Mit Google-Street-View-Technik werden jetzt virtuelle Museumsführungen angeboten. Sie führen uns ins Gesicht von Mona Lisa – eines Tages, denn der Louvre macht erst mal nicht mit beim virtuellen Online-Museum. Mit einer Auflösung von 7 Mrd Pixel kann man in die Tate Gallery London oder ins Museum of Modern Art in New York schauen und sich überlegen, ob man das auch noch live sehen will. Eine weitere Möglichkeit des Sich-Entfernens von haptischen und persönlichen Begegnungen. Rendezvous mit der Kunst wie im Datingcafé oder anderen Anbiederungsplattformen.

Eigensammler

Es soll reizen, wirklich dort hinzufahren, hinein zu gehen. So bleibt die Überraschung, dass es das, was man bereits gesehen hat, auch tatsächlich gibt. Videokunst bräuchte nur noch online präsent zu sein. Das erspart die Frage nach all den Räumen, in die man Monitore stellen muss, die dann vorbei schleichende Besucher beflimmern. Ein weiterer Vorteil: Man stellt sich seine eigenen Kollektionen zusammen, ein home-made personal museum.

Nachts in Museum

So baut man sich eine Reihe Beamer zu Hause ins große Zimmer, schickt gleichzeitig die Bilder von verschiedenen Museen an die Raufaser und hängt sich ab. „Nachts im Museum“ – das Spiel für die ganze Familie, umgeben von Gauguin, Richter, Buys und Hirst.

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