Laudatio

Von Axel Schoeber, Jurymitglied (Galerie Schoeber/Dortmund)

3. Preis

In karger Umgebung, ohne jegliche Staffage und ausschließlich den älteren Menschen abbildend, ist die prämierte Arbeit der Künstlergruppe artscenico aus der Werkreihe »Refugien«. Rolf Dennemann, Jahrgang 1952, weit über das Ruhrgebiet hinaus bekannter, künstlerischer Allrounder

– Regisseur,

– Festivalleiter,

– Schauspieler,

– Autor und

– freischaffender Künstler

inszenierte die Performance »Refugium III – Für immer im Erdbeerfeld« und setzte diese mit älteren Schauspielern auf einer typischen Ruhrgebietsbrache in Szene.

Aus dieser 2006 vor Publikum aufgeführten Performance hat Rolf Dennemann einen Moment fotografisch ausgelöst.

Auf der Fotografie sehen wir eine ältere Frau ausdrucksstark tanzen. Weder die Umgebung, noch die Bekleidung noch die Körperhaltung treffen irgendeine Erwartung des Betrachters. Das überraschende Moment liegt völlig bei der Darstellerin.

Bei mir löste das Foto Assoziationen zu einem tags zuvor im Fernsehen gesendeten Bericht über Tai-Chi Übungen frühmorgens in einem Park in Peking aus. Nur dass dort nicht eine Einzelperson, sondern sehr viele ältere und auch jüngere Menschen scheinbar verrückte Aktivitäten nach unbekannten Mustern vollziehen.

Das »Entrückte« bzw. das »Verrückte« sind die wesentlichen Stärken dieses Werkes. Ältere Menschen und Künstler haben im deutschen Moral- und Verhaltenskodex die Erlaubnis, etwas bzw. etwas stärker verrückt zu sein. Leider mit dem Zusatzpaket, nicht wirklich ernst genommen zu werden – ein m. E. fataler Fehler.

Rolf Dennemann hat gezielt diesen einen Moment ausgewählt, weniger wichtig der traumhafte Gesamtcharakter der Performance oder die anderen männlichen, auch älteren Protagonisten. Der im Titel angedeutete Song der Beatles beinhaltet u. a. folgende Textstellen:

„… Nothing is real and nothing to get hung about.

Strawberry Fields forever. … “

Die so beschriebene Situation ist der nicht nur Künstlern bekannte, entindividualisierte Automatismus,

– voller Konzentration,

– tiefer Verbundenheit,

– hoher Präzision und

– großer Leichtigkeit, in dem fast alles gelingt.

Ein überzeugender Moment, farblich und kompositorisch gelungen und von allgemeingültiger Aussage.

Hierzu Herrn Rolf Dennemann meinen herzlichen Glückwunsch.«

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